Wettbewerb (nicht realisiert)
Ausgangslage
Die Gerberstraße präsentiert sich als abweisender, unwirtlicher Straßenraum. In früheren Zeiten vom Rotlichtmilieu geprägt, bietet sie sich heute lediglich als „Fluchtweg“ aus der historischen Kernstadt an. Als Weg in die Kernstadt hinein wird sie wegen ihrer vernachlässigten Anmutung kaum wahrgenommen – ein Status Quo, der nach Veränderung drängt.
Anspruch und Ziel
Die anstehenden Baumaßnahmen auf beiden Straßenseiten bieten die Chance, den disparaten Stadtraum neu zu ordnen und qualitätvoll zu überformen. Die Neugestaltung der Gerberstraße 29 wird in diesem Sinne zum Leitprojekt: ein signifikanter Baukörper tritt in den Straßenraum hinein. In spannnungsvollem Dialog mit dem Bestand setzt er Impulse für die zukünftige Entwicklung seiner näheren Umgebung. Die Gerberstraße wird in Wert gesetzt und als „gute Lage“ im Herzen der Stadt etabliert.
Kontext und Fassade
Der heutige Baukörper erscheint merkwürdig deplatziert und aufgebockt. Das Erdgeschoss verweigert jeden Kontakt mit dem Straßenraum. Die willkürlich gesetzte Lochfassade ist durch ins Leere laufende Lisenen vertikal „gegliedert“. Die neue Fassade öffnet sich erdgeschossig der Straße, sucht den selbstbewussten Dialog mit dem Kontext und baut Bezüge zu den Nachbargebäuden auf. Das dritte Obergeschoss schwenkt signifikant in den Straßenraum hinein. In spannungs-und respektvollem Kontrast vermittelt die gelagerte Glasfassade zwischen den Traufhöhen der Nachbarn. In gegenläufigem Schwung tritt das (optionale) Staffelgeschoss hinter die raumbestimmende Trauflinie zurück. Die Straßenfassade ist offen, transparent und einladend. Das Servicecenter im Erdgeschoss ist durch den Einsatz lichtdurchlässiger Trennwände durchscheinend bis zum Innenhof. Trotz der angestrebten Transparenz ist die Privatsphäre der Arbeitsplätze durch individuell bedienbare Flächenvorhänge gesichert. Die Nordausrichtung macht einen außenliegenden Sonnenschutz entbehrlich.
Erschließung
Bürgersteig und vorgelagerte Parkplätze werden funktional und gestalterisch integriert. Einladend erstreckt sich der Belag des Eingangsbereichs nach draußen. Hier stehen die Fahrräder der Besucher und die elektrische Smart-Flotte des BSS. Der überdachte Haupteingang entwickelt sich konsequent aus dem Fassadenthema. Im großzügigen Windfang gelangt man geradeaus zum Bauservice, nach rechts zur Treppe und zum barrierefreien Aufzug, nach links zum Veranstaltungsbereich. Alle Raumbereiche sind voneinander unabhängig erschlossen und nutzbar. Ein zu Geschäftszeiten offener Durchgang führt vorbei an der hinterleuchteten Infowand zum Innenhof. Geschützte Fahrradplätze, Wertstoffraum und Stiefeleingang im Untergeschoss sind über eine Rampe zu erreichen.